Nicht jeder lernt aus Fehlern

Wer denselben Fehler zweimal macht, kann dafür jetzt seinen Genen die Schuld geben.

13. Mai 2008

Wer denselben Fehler zweimal macht, kann dafür jetzt seinen Genen die Schuld geben. Forscher vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig haben nämlich festgestellt, dass Menschen mit weniger Rezeptoren für den Botenstoff Dopamin im Gehirn schlechter aus Fehlern lernen als jene mit höherer Rezeptordichte. Die geringere Dichte dieses D2-Rezeptors findet sich bei Menschen, die eine Variante von dessen genetischem Bauplan tragen, die als A1-Allel bekannt ist. Wer sie trägt, lernt aber möglicherweise nicht nur schlechter aus negativem Feedback, sondern neigt eventuell auch eher zu einer Sucht oder zu selbstschädigendem Verhalten.(SCIENCE, 7. Dezember 2007)


Nicht jeder setzt Lob und Tadel gleich um. Wie wir aus positivem und negativem Feedback lernen, ist dabei noch nicht klar. Immerhin: Eine wichtige Hilfe dabei ist offenbar der Botenstoff Dopamin. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften, der Universitäten Bonn und Gießen sowie des Max-Planck-Instituts für neurologische Forschung haben nun herausgefunden, dass Menschen mit einer geringen Dichte des Dopamin-D2-Rezeptors schlechter auf negatives Feedback ansprechen als Menschen mit normaler Rezeptordichte. Diese tragen an einer bestimmten Stelle des Rezeptorgens die Base Cytosin, Biologen sprechen von der A1–Variante. Menschen mit weniger D2-Rezeptoren besitzen die A1+-Variante des Gens, bei der sich an derselben Stelle die Base Tyrosin findet.


Um zu testen, wie gut die Träger der beiden Genvarianten Lob und Tadel umsetzen, zeigten die Wissenschaftler 26 Testpersonen auf einem Bildschirm drei Paare von abstrakten Symbolen. Zwölf Probanden trugen das A1+-Allel, 14 die A1–Variante. Von den jeweils zwei Symbolen, die chinesischen Schriftzeichen ähneln, sollten sie eins auswählen. Die Wissenschaftler hatten zuvor ein Symbol mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zum richtigen erklärt. Entschieden sich die Testpersonen für dieses, lachte sie ein Smiley vom Monitor an. Andernfalls tadelte sie ein trauriges Gesicht. In einer weiteren Runde mussten die Probanden nun zeigen, was sie gelernt hatten. Demnach hatte der traurige Smiley bei den Trägern des A1+-Allels weniger gewirkt als bei den Vergleichspersonen. Bei den Reaktionen auf das lachende Gesicht konnten die Wissenschaftler dagegen keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen feststellen. Dass die A1+-Gruppe schwächer auf Tadel reagiert, zeigte sich auch in Untersuchungen mit funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT).

Damit identifizierten die Wissenschaftler die Hirnregionen, die auf negatives Feedback reagieren. „Die A1+-Gruppe zeigt auf negative Rückmeldungen eine geringere Reaktivität im posterioren medialen frontalen Kortex (pMFC)“, sagt Tilmann Alexander Klein vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften. Diese Hirnregion ist maßgeblich daran beteiligt, Handlungsergebnisse zu überwachen. Erstmals wiesen die Forscher zudem ein funktionelles Zusammenspiel zwischen diesem Hirnareal und dem Hippocampus nach, der für das Lernen entscheidend ist. „Auch dieses Zusammenspiel ist bei Personen der A1+-Gruppe abgeschwächt“, sagt Kleins Kollege Markus Ullsperger.


Dass Dopamin wesentlich zum Lernen aus Feedback beiträgt, könnte auch erklären, inwiefern es an einer Sucht oder Zwangsstörung beteiligt ist: „Dass die A1+-Probanden weniger empfindlich auf negatives Feedback reagieren, liefert erste Hinweise auf einen möglichen neurobiologischen Mechanismus, der die Entwicklung von Sucht und selbstschädigendem Verhalten begünstigen könnte“, so Klein.

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