Ehemalige Max-Planck-Forschungsgruppe Musikkognition und Handlung

In allen bekannten Kulturen kann man in Situationen, in denen Menschen miteinander musikalisch interagieren, zeitlich genaue Koordination – wie zwischen Musikern und Tänzern oder zwischen Künstlern und Publikum – beobachten. Solch eine Koordination ist ein kreativer Prozess: Bewegungen verschiedener Körperteile können zur Synchronisation genutzt werden, z. B. Hände, Füße, Schultern. Synchronisation kann in einer scheinbar unendlichen Anzahl zeitlicher Strukturen erreicht werden, so z. B. bei der Koordination von Rhythmen mit unterschiedlich komplexem Niveau, und ist charakterisiert durch eine schnelle Anpassung an Tempoänderungen in bekannten und unbekannten musikalischen Stilen, wie beim Tanzen zur Musik einer fremden Kultur. Heutzutage musizieren Menschen miteinander sogar über das Internet.

Die Selbständige Nachwuchsgruppe „Musikkognition und Handlung” untersucht die Verhaltens- und Gehirnprozesse, die es Menschen ermöglichen, ihre Handlungen mit solch hoher Präzision und Flexibilität zu koordinieren, wie sie in musikalischen Interaktionen beobachtet werden können. Man betrachte zwei Pianisten, die im Duett spielen: Wie koordinieren sie ihre Handlungen so präzise, dass komplexe Klangmuster erzeugt werden, die zeitlich genau strukturiert, aber keineswegs mechanisch regelmäßig sind?

Um solche Fragen zu beantworten, verwendet unsere Gruppe ein breites Spektrum von Techniken der experimentellen Psychologie und Neurowissen- schaften. Wir untersuchen Mechanismen, die für das Zusammenspiel von verschiedenen Musikern nötig sind:

  1. Teilung der Aufmerksamkeit zwischen eigenen Handlungen und denen anderer, während gleichzeitig der Gesamtklang des Ensembles beachtet wird
  2. Auditorische Vorstellung und Erwartung des eigenen Klangs sowie des Klangs, der durch andere Musiker erzeugt wird
  3. Kontinuierliche Anpassung und zeitliche Abstimmung der eigenen Bewegungen, damit Synchronisation auch bei expressiven Tempoveränderungen aufrecht erhalten wird.

Das übergreifende Ziel dieser Forschung ist es zu verstehen, wie beim Musizieren die Gedanken und Handlungen einer Person zu den Gedanken und Handlungen anderer Personen in Beziehung.

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