Gleichgewicht der Neuronen im Gehirn ändert sich mit dem Alter
- Gleichgewicht: Das Gleichgewicht zwischen erregenden und hemmenden Neuronen im Gehirn ändert sich mit dem Alter. Dieses Gleichgewicht ist wichtig für eine gesunde Gehirnfunktion.
- Forschung: Wissenschaftler des MPI CBS untersuchen, wie sich dieses Gleichgewicht während des Erwachsenwerdens verändert, indem sie Computersimulationen individualisierter Gehirnmodelle verwenden.
- Ergebnisse: Es wurde eine Zunahme der regionalen Hemmung in bestimmten Gehirnbereichen festgestellt, was funktionelle Konsequenzen für die kognitive Verarbeitung hat.
- Krankheiten: Eine Störung des Erregungs-Hemmungs-Gleichgewichts könnte mit neurologischen Entwicklungsstörungen wie Schizophrenie und Autismus in Verbindung stehen.
- Zukunft: Künftige Studien sollen die klinische Relevanz der Reifung dieses Gleichgewichts untersuchen und mögliche Biomarker für die Früherkennung von neurologischen Störungen identifizieren.

Im Gehirn besteht ein komplexes Netzwerk von Neuronen, die in Schaltkreisen miteinander kommunizieren und in das strukturelle Gerüst des Gehirns eingebettet sind. Es gibt zwei Haupttypen von Neuronen: erregende Neuronen, die Informationen übertragen, indem sie neuronale Signale verstärken, und hemmende Neuronen, die diese Signale unterdrücken können. Zusammen halten Erregung und Hemmung ein sorgfältig abgestimmtes Gleichgewicht aufrecht, das so genannte Erregungs-Hemmungs-Gleichgewicht (E-I), das für eine gesunde Gehirnfunktion unerlässlich ist. Es wird jedoch angenommen, dass das Niveau dieses Gleichgewichts von Person zu Person unterschiedlich ist, bei Störungen beeinträchtigt wird und im Laufe der Entwicklung reift. In ihrem neuen Artikel in der Zeitschrift Science Advances haben sich Amin Saberi und Sofie Valk vom MPI CBS zusammen mit Simon Eickhoff vom Forschungszentrum Jülich auf dieses Gleichgewicht innerhalb neuronaler Schaltkreise konzentriert und Computersimulationen von individualisierten Gehirnmodellen verwendet, um seine Veränderung mit dem Alter während des Erwachsenwerdens zu untersuchen.
Amin Saberi, Erstautor der Studie, erklärt den Hintergrund: "Wir wollten wissen, wie sich die Interaktionen zwischen erregenden und hemmenden Neuronen verändern, wenn das menschliche Gehirn während der Entwicklung reift. Dies wurde in Tierstudien gezeigt, aber es ist schwierig, dies beim Menschen zu zeigen, da es nicht ohne weiteres möglich ist, die Aktivität der Neuronen dort direkt aufzuzeichnen – daher haben wir Computersimulationen verwendet, die auf Supercomputern laufen. Zum ersten Mal wurden sie für jeden der 900 Teilnehmenden an der Studie individuell erstellt. Für uns war es wichtig, das Gleichgewicht zwischen erregenden und hemmenden Neuronen und seine Reifung im gesunden Gehirn zu untersuchen, da man davon ausgeht, dass es die kognitive Verarbeitung und Entwicklung des Menschen unterstützt und bei neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Schizophrenie und Autismus verändert ist."
Sofie Valk, Gruppenleiterin am MPI CBS, fasst die Ergebnisse zusammen: "Insgesamt haben wir in dieser Studie Hinweise auf eine replizierbare und robuste Zunahme der regionalen Hemmung in Assoziationsbereichen während des Erwachsenwerdens beobachtet. Wir denken, dass die Reifung des Gleichgewichts zwischen Erregung und Hemmung wichtige funktionelle Konsequenzen hat und dass eine Störung dieses Gleichgewichts mit verschiedenen neurologischen Entwicklungsstörungen in Verbindung gebracht werden kann. Das Modell der neurologischen Entwicklung der Schizophrenie legt zum Beispiel nahe, dass eine abweichende kortikale Reifung, insbesondere bei der Entwicklung der Gleichgewichtsfunktionen dieser Neuronen, zum Auftreten der Krankheit im späteren Leben beitragen kann. Andererseits sind erregende und hemmende Prozesse per se wichtige Grundlagen für die menschliche Kognition und ihre Entwicklung. Künftige Studien sollten die klinische Relevanz der jugendlichen Reifung dieses Gleichgewichts im Zusammenhang mit dem Risiko und der Diagnose von neurologischen Entwicklungsstörungen wie Schizophrenie untersuchen und möglicherweise Biomarker für die Früherkennung und Intervention liefern.“