Was haben wir schon herausgefunden?

Hier finden Sie kurze Zusammenfassungen von einigen unserer bisherigen Projekte.

Babys folgen Kopfbewegungen… und schwarzen Punkten

Die Blickrichtung eines Menschen gibt Auskunft darüber, worauf jemand seine Aufmerksamkeit richtet. So werden wir als Erwachsene stutzig, wenn unser Gesprächspartner in einer Unterhaltung immer wieder zur Seite schaut. Ganz automatisch folgen wir dann oft dem Blick, um herauszufinden, was es dort Spannendes zu sehen gibt. Auch Babys erkennen schon früh die Blickrichtung einer anderen Person. Sie nutzen dieses soziale Signal, um sich in der Welt zurecht zu finden und sich auf wichtige Dinge zu konzentrieren. Zeigt man Babys eine Person, die ihren Kopf und Blick zu einer Seite gerichtet hat, schauen Babys im Alter von spätestens 4 Monaten auch in Kopf- und Blickrichtung dieser Person. In unserer Studienreihe wollten wir nun genauer herausfinden, welche Informationsquelle sie dafür nutzen. Achten Sie eher auf die Kopfausrichtung der Person oder auf die Blickrichtung? Oder braucht es gar kein Gesicht und Kinder schauen auch schwarz-weißen Punkten hinterher, die Augen sehr ähnlich sehen?

Was haben wir gemacht?

In dieser Studienreihe haben wir 4 Monate alten Babys Bilder auf einem Computerbildschirm gezeigt. Währenddessen haben wir mit Hilfe von Eye Tracking, einer computergestützten  Blickbewegungsmessung, erfasst, wo genau die Säuglinge auf den Bildschirm hinschauten. In der Mitte des Monitors sahen die Babys verschiedene Bilder, die ihren Blick und ihre Aufmerksamkeit zu einer Seite lenken sollten: entweder (Bild 1) das Foto einer Frau, die den Kopf zu einer Seite gedreht hat, aber die Augen noch nach vorne gerichtet hat; (Bild 2) das Foto einer Frau, die mit den Augen zu einer Seite guckt, aber den Kopf geradeaus gerichtet hat; (Bild 3) schwarze Punkte, die wie Augen zur Seite schauen oder (Bild 4) weiße Punkte, die wie Augen zur Seite blicken.

Links und rechts von diesem Bild präsentierten wir den Babys je eine Comic-Maus. Welche Maus schauen die Babys länger an? Die Maus, auf der auch die Person schaut? Das würde bedeuten, dass die Kleinen die Blickrichtung erkennen und ihr folgen. Oder lassen sich die Babys in ihrer Aufmerksamkeit gar nicht durch das Bild beeinflussen? Dann sollten sie beide Mäuse etwa gleich lange anschauen.

Und was kam dabei heraus?

Babys folgen auf Anhieb der Kopfrichtung einer Person. Ist also der Kopf der Person zum Beispiel nach links gerichtet, schauen die Kleinen länger auf die linke Comic-Maus als auf die rechte. Zeigen wir den Babys, eine Person, bei der nur die Blick- nicht aber der Kopf zur Seite gerichtet ist, dann schauen die Babys gleich lange auf die linke und die rechte Maus. Das heißt, ihre Aufmerksamkeit wird nicht durch die Blickrichtung alleine gelenkt. Es könnte aber sein, dass die Babys hier verwirrt sind: während die kleinen Augen der Person zur Seite gerichtet sind, ist der große Kopf ja immer noch auf das Kind gerichtet. Wir versuchten diese Verwirrung aufzuheben und zeigten den Babys kein ganzes Gesicht mehr, sondern nur augenähnliche Muster, das heißt schwarze Punkte, die sich auf einem weißen Hintergrund zur Seite bewegten. Dieser Bewegung folgten die Babys. Allerdings nur, wenn es sich um schwarze Punkte auf weißem Hintergrund handelte. Zeigten wir den Babys weiße Punkte auf schwarzem Hintergrund, schauten die Kleinen wieder gleich lange auf beide Comic-Mäuse.

Und was bedeutet das?

Unsere Ergebnisse zeigen, dass Säuglinge im Alter von 4 Monaten schon sehr gut erkennen können, in welche Richtung die Aufmerksamkeit anderer Personen gerichtet ist. Vor allem wenn sich ein Kopf in eine Richtung bewegt, gehen die Kinder in ihrer Aufmerksamkeit mit. Augen folgen sie vorerst nur, wenn diese alleine präsentiert werden und nicht durch eine ablenkende Kopfrichtung verdeckt sind. Außerdem müssen die Augen das typische schwarz-weiß Muster aufweisen – weiße Punkte lenken die Aufmerksamkeit der Kinder nicht. Das heißt, dass Babys schon früh sensitiv sind für soziale Signale wie die Blick- und Kopfrichtung einer anderen Person und dass sie ihre eigene Aufmerksamkeit entsprechend anpassen können.


„Huch, das habe ich nicht erwartet“ - Wie Babys neue, unerwartete Ereignisse in bestehendes Wissen integrieren und was dabei im Gehirn passiert.

Im Laufe unseres Lebens lernen wir Menschen ständig an neuem Wissen hinzu. Immer wieder werden bisher noch unbekannte Informationen oder auch unerwartete Ereignisse in das bestehende Wissen integriert. Was bei Erwachsenen während solchen Lernvorgängen im Gehirn passiert, hat die bisherige Forschung recht ausführlich erforscht. Bestimmte Schwingungen der rhythmischen Gehirnaktivität scheinen beim Einspeichern neuer Information eine besonders große Rolle zu spielen – der Theta Rhythmus. In einem aktuellen Projekt haben wir uns die Frage gestellt, ob der Theta Rhythmus schon bei Babys dafür verantwortlich ist, neue und unerwartete Ereignisse in bestehendes Wissen zu integrieren.

Bekannt ist bisher, dass Babys schon sehr früh Erwartungen über ihre physikalische und soziale Umwelt aufbauen und überrascht sind, wenn ihre Erwartungen verletzt werden. Gerade diese Situationen, in denen etwas Unerwartetes passiert (zum Beispiel ein Spielzeugauto fährt durch eine Wand hindurch), lassen Babys aufmerksam sein und unterstützen die Kleinen besonders beim Erlernen neuer Informationen. Unklar ist jedoch bislang, was im Gehirn der Kleinen passiert während sie lernen bzw. neue Informationen abspeichern. Genau das wollten wir in unserer aktuellen Studie untersuchen.

Was haben wir untersucht?

Wir haben 9 Monate alte Babys mit ihren Eltern ins Labor eingeladen, um sich Bildergeschichten anzusehen, die entweder einen erwarteten oder einen unerwarteten Handlungsausgang zeigten. Damit es spannend für die Kleinen blieb haben wir eine Vielzahl von physikalischen und sozialen Ereignissen gezeigt. Zum Beispiel war ein Mann zu sehen, der gerne eine Brezel essen wollte. Diese führte er entweder, erwartungsgemäß, zum Mund oder, überraschenderweise, auf den Kopf (s. Abbildung).

Um zu erforschen, ob die Kleinen sich wundern und somit besonders bereit dafür sind, neue Informationen einzuspeichern, haben wir das Elektroenzephalogramm (EEG) während der Präsentation abgeleitet. Beim EEG werden elektrische Signale der Informationsübertragung zwischen Nervenzellen untersucht. Das Signal enthält verschiedene Frequenzen, die mit unterschiedlichen kognitiven Prozessen in Zusammenhang gebracht werden. Basierend auf bisherigen Studien mit Erwachsenen wollten wir erforschen, was mit der Theta Frequenz passiert, wenn Babys unerwartete Ereignisse beobachten und somit neues Wissen in bestehende Repräsentationen integrieren.

Der Clou in unserer Studie ist, dass wir die Bildergeschichten ganz schnell (flickernd) angezeigt haben in der Theta Frequenz (4 Hz, 4 Bilder pro Sekunde) im Vergleich zur Alpha Frequenz (6 Hz, 6 Bilder pro Sekunde). Der Gehirnbereich, der für das Sehen zuständig ist (der visuelle Kortex), synchronisiert seine Aktivität mit der Geschwindigkeit der präsentierten Bilder. Die Stärke der Synchronisierungsantwort können wir zwischen erwarteten und unerwarteten Handlungsausgängen vergleichen.

Und was kam dabei heraus?                                    

Wir konnten zeigen, dass das Gehirn der 9 Monate alten Babys auf das Flickern der Theta sowie der Alpha Frequenz reagiert hat. Im nächsten Schritt, haben wir uns angeschaut, wie das Gehirn in den beiden Frequenzen für erwartete im Vergleich zu unerwarteten Handlungsausgängen reagierte. Nur der Theta Rhythmus war sensitiv für unerwartete im Vergleich zu erwarteten Handlungen. Im Alpha Rhythmus, den wir uns zum Vergleich angeschaut haben, zeigte sich kein Effekt.

Und was bedeutet das?

Unsere Studie zeigt, dass der Theta Rhythmus schon sehr früh, bei 9 Monate alten Säuglingen, eine grundlegende Rolle beim Beobachten von neuen, unerwarteten Informationen spielt. Ob wir Lernprozesse bei Babys durch eine visuelle Anregung des Theta Rhythmus auch aktiv fördern können, wollen wir in zukünftigen Studien weiter untersuchen.


Babys lenken ihre Aufmerksamkeit auf das, was andere Menschen anschauen

Wenn Babys auf die Welt kommen, strömen unglaublich viele neue Sinneseindrücke auf sie ein. Diese müssen sie erst ordnen, um sich in der Welt zurecht zu finden. Aber wie lenken Säuglinge ihre Aufmerksamkeit? Woher wissen sie, was wichtig ist?

In unseren bisherigen Studien konnten wir zeigen, dass Babys bereits im Alter von 4 Monaten den Blicken anderer Menschen auf Dinge in der Umgebung folgen. Dadurch wird ihre Aufmerksamkeit gezielt auf Objekte gelenkt, die ihre Mitmenschen gerade anschauen. Dies führt dazu, dass Babys sich an diese Objekte besser erinnern können als an andere Objekte, die sich zufällig auch gerade in der Nähe befanden. So kann die soziale Aufmerksamkeit Säuglingen helfen, sich auf relevante Dinge zu konzentrieren und sich diese gezielt zu merken.

Wir untersuchen nun mittels Blickbewegungsmessungen, wie die Aufmerksamkeit von Babys besonders effektiv auf Gegenstände und Ereignisse in der Umgebung gelenkt werden kann. Dabei interessieren uns vor allem die Mechanismen und Entwicklungsprozesse, die dazu führen, dass Babys soziale Hinweisreize wie z.B. die Augen oder die Blickrichtung anderer Personen in besonderem Maße beachten.


Blickkontakt erhöht die Aufmerksamkeit von Babys

Blickkontakt ist ein starkes soziales Signal in der menschlichen Kommunikation. Wenn uns jemand in die Augen schaut, fühlen wir uns angesprochen und einbezogen. Wie ist das bei Babys?

In einer unserer Studien schauten sich 9 Monate alte Säuglinge gemeinsam mit einer Versuchsleiterin Spielzeuge auf einem Computer-Monitor an. Dabei wurde die Gehirnaktivität der Kinder mittels EEG aufgezeichnet. Die Versuchsleiterin nahm entweder mit dem Kind Blickkontakt auf bevor das Spielzeug auf dem Bildschirm erschien, oder aber sie schaute die ganze Zeit über auf den Bildschirm und ging gar nicht auf das Kind ein. Obwohl das Baby und die Erwachsene in beiden Fällen gleichzeitig die Spielzeuge anschauten, kam es nur beim Blickkontakt zu einem wirklich gemeinsamen Anschauen durch die gemeinsame Bezugnahme. Tatsächlich machte das einen großen Unterschied: Babys reagierten mit deutlich erhöhter Aufmerksamkeit und Gehirnaktivität auf die Spielzeuge, die sie nach dem Blickkontakt gemeinsam mit der Versuchsleiterin betrachteten. Blickkontakt scheint also auch in diesem Alter eine erhebliche Wirkung zu haben!

Wir untersuchen nun soziales Lernen im dynamischen und natürlichen Miteinander zwischen Kindern und Erwachsenen. Dabei schauen wir uns genau an, was in der Interaktion dazu führt, dass die Kinder von der erwachsenen Person etwas lernen, beispielsweise ein neues Wort. Ist dafür auch der Blickkontakt entscheidend, oder kommt es mehr darauf an, dass die erwachsene Person immer prompt auf das Kind reagiert? Ist es wichtig, dass das Kind mit der Person vertraut ist, oder lernt es ebenso von einer zuvor unbekannten Versuchsleiterin?


Kleinkinder beachten den Kontext von ungewöhnlichen Handlungen

Kinder interessieren sich ungemein dafür, was andere Menschen tun und ahmen eifrig neue Handlungen nach. Manchmal scheinen Kleinkinder sogar ganz gezielt Handlungen zu imitieren, die ungewöhnlich sind und deren Sinn sie nicht nachvollziehen können.

In einer EEG-Studie zeigten wir 12 Monate alten Kindern Filme von Personen, die eine Lampe entweder mit der Hand anmachten (wie es zu erwarten wäre) oder aber mit dem Kopf, was eine ungewöhnliche Handlung darstellt. Im EEG konnten wir feststellen, dass Kinder tatsächlich eine „Neuheitsreaktion“ zeigen, wenn die Lampe mit dem Kopf statt mit der Hand betätigt wird. Interessanterweise ist das nicht der Fall, wenn die Hände der Person sichtlich nicht zur Verfügung standen, zum Beispiel weil sie am Tisch festgeklebt waren. Dann waren die Kinder von der ungewöhnlichen Handlung mit dem Kopf viel weniger beeindruckt. Dieser Befund zeigt, dass Kleinkinder bereits mit 12 Monaten den Kontext in Betracht ziehen, in dem eine Handlung stattfindet!

In einer aktuellen Studie untersuchen wir nun, ob jüngere Babys dies auch schon tun.


Kinder imitieren auch scheinbar unsinnige Handlungen

Kinder lernen viele Dinge von anderen Menschen durch Imitation, d.h. sie machen Dinge, die sie sehen, einfach nach. Der Vorteil des Imitationslernens ist, dass Kinder somit auch Handlungen erlernen können, deren genaue Funktion sie noch nicht verstehen. Interessanterweise imitieren Kinder jedoch auch Handlungen, die ganz offensichtlich gar nicht nötig sind, um ein gegebenes Ziel zu erreichen.

In einer unserer Studien beobachteten 5-jährige Kinder, wie eine erwachsene Versuchsleiterin eine kleine Belohnung aus einem durchsichtigen Behälter herausholte. Dabei führte sie nicht nur relevante Handlungsschritte aus, sondern auch solche, die offenbar keinen Sinn ergaben. So klatschte sie z.B. in die Hände und betätigte einen funktionslosen Knopf an der Seite der Box. Kinder imitierten erstaunlich viele dieser funktionslosen Handlungen und dies sogar, wenn sie sich unbeobachtet fühlten und die Versuchsleiterin gar nicht direkt mit ihnen kommuniziert hatte. Dieser Befund zeigt, dass Kinder sehr aufmerksam die Handlungen anderer Menschen beobachten und diese nachmachen, selbst wenn die Handlungen keinen unmittelbaren Sinn ergeben. Dies könnte daran liegen, dass Kinder von anderen Menschen nicht nur lernen, wie Dinge funktionieren, sondern eben auch, wie man soziale Normen und Regeln befolgt. Diese haben oft keine unmittelbare Funktion (z.B. Händeschütteln zur Begrüßung), aber eine große soziale Bedeutung.

In einer aktuellen Studie wollen wir herausfinden, ob die Gruppenzugehörigkeit einen Einfluss darauf hat, welche Handlungen Kinder imitieren. Imitieren Kinder eher Handlungen von Personen, die ihrem „Team“ angehören, um dazu zu gehören?

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