Abteilung Psychologie

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Das Ziel unserer Forschung ist es, den kognitiven Code zu knacken. Denn bisher ist es noch nicht gelungen, eine der wesentlichsten Fragen der Neuro­wissenschaften überhaupt zu beantworten: Was sind die grund­legendsten Mechanismen im Ge­hirn, die das menschliche Denken ermöglichen? Um sich diesem Phänomen zu nähern, nutzen wir zwei Modell­systeme: Das menschliche Ge­dächtnis und den so­genannten neuronalen Code für Raum, d.h. die ge­meinsame Aktivität einer Gruppe von Nerven­zellen im Gehirn, die die eigene Position im Raum ver­arbeiten. Diese Herangehensweise basiert auf der faszinierenden, später mit dem Nobel­preis ausgezeichneten Ent­deckung im Gehirn von Nagetieren, dass es zwei Arten an Nerven­zellen gibt, die auf räumliche Informationen spezialisiert sind: Die Orts­zellen im Hippo­campus und die Raster­zellen im nahegelegenen, sogenannten entorhinalen Cortex. Diese beiden Zelltypen signalisieren uns in Zu­sammen­arbeit mit anderen raumverarbeitenden Zellen, welche Position, Richtung, Entfernung und Geschwindigkeit wir im Raum haben. Sie bilden eine Art inneres Navigations­system und damit eines der ver­blüffendsten Systeme des Gehirns zur Um­wandlung von äußeren Eindrücken in Informationen.

Ausgangspunkt unserer Forschung ist dabei die Idee, dass dieses innere Navi­gations­system wo­­möglich – als Ergebnis der Evolution – die Grund­lage für menschliches Denken bildet. Das Ge­hirn könnte demnach jede Art von Eindrücken in sogenannten kognitiven Räumen abbilden. Nehmen wir etwa ein Auto, das wir beschreiben wollen. Das kann entlang zweier Dimensionen geschehen, der Motorleistung und des Gewichts. Ein Renn­wagen würde hier einen Raum einnehmen, der durch große Leistung und geringes Ge­wicht charakterisiert ist, ein Wohn­mobil hingegen einen von geringer Leistung und hohem Gewicht. Wir wollen hier herausfinden, ob bei uns ähnliche Mecha­nismen ablaufen, wenn wir solche kognitiven Räume bilden wie während wir Orte und Wege auf einer Land­karte verarbeiten. Und nicht nur das: Wir wollen her­aus­finden, ob diese Mechanismen gar für andere Hirn­areale und für eine große Band­breite an geistigen Fähig­keiten wie Orientierung, Erinnern, Lernen, Wissens­erwerb, Vorstellungskraft oder Zeit­empfinden gelten.

Von diesen Kerngedanken ausgehend, arbeiten wir an zwei Anwendungsbereichen: Zum einen wollen wir neurowissenschaftliche Grundlagenforschung in die Informationstechnologie bringen, um damit Instrumente wie Gehirn-Computer-Schnittstellen zu entwickeln, die Prozesse wie Lernen und Wahr­nehmung selbst in alltäglichen Bereichen wie der Schulbildung verbessern könnten. Zum anderen wollen wir diese Grundlagenforschung in die medizinische Anwendung bringen und sie beispielsweise für die Früherkennung von Alzheimer-Demenz nutzen, einer Krankheit, die als erstes ebenjenen, für die räumliche Verarbeitung besonders entscheidenden entorhinalen Cortex angreift. Hier könnten neue Erkenntnisse zu seiner Rolle bei der Verarbeitung kognitiver Räume ein ganz neues Bild dieser Erkrankung bringen.

Solche Entdeckungen sind letztlich nur mithilfe innovativer Technologien möglich. Zentral ist dabei für uns die räumlich hochauflösende funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), darunter auch die von besonders hoher Feldstärke wie sie das 7T-Gerät und der Connectom am MPI CBS bilden. Dadurch können wir verstehen, wie sich die Struktur und Funktion einzelner Hirnbereiche gegenseitig bedingen. Mithilfe der Magnetoencephalographie (MEG) können wir zudem die Hirnwellen analysieren, die unserem Denken zugrunde liegen. Diese bildgebenden Verfahren kombinieren wir wiederum mit Methoden des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz sowie innovativen Experimenten in virtueller Realität.

 

 

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