Drei Fragen an...

...den Gewinner der Otto-Hahn-Medaille, Leon Kroczek

6. April 2020

Dank seiner Dissertation innerhalb der Doktorandenschule IMPRS am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften weiß man jetzt, wie sich Personen an den persönlichen Sprachstil eines anderen anpassen - und wie sich das auf ihre Verarbeitung von Sprache im Gehirn auswirkt. Dafür wird er dieses Jahr als einer von dreißig jungen Forscherinnen und Forschern mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet, einem der bundesweit renommiertesten Preise für Nachwuchswissenschaftler.

Ihre Dissertation wurde gerade mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet. Was macht Ihre Arbeit so besonders?

Ohne Sprecher gibt es keine Sprache. Verschiedene Personen nutzen Sprache auf unterschiedliche Art und Weise. Sie haben etwa einen unterschiedlichen Dialekt, nutzen bestimmte Ausdrücke anders oder verwenden eine unterschiedliche grammatikalische Struktur in ihrer Sprache. Wenn wir einer Person zuhören, registrieren wir diese sprachlichen Eigenheiten und passen unsere eigene Verarbeitung daran an. Ich habe mich damit mit beschäftigt, wie sich Zuhörer an diesen individuellen Sprachstil anpassen - und welche Auswirkungen das auf deren Verarbeitung von Sprache im Gehirn hat.

Um das zu untersuchen habe ich ein neues experimentelles Paradigma entwickelt, in dem zwei verschiedene Sprecher mit jeweils einem ganz eigenen grammatikalischen Sprachstil sprechen. Schon nach kurzer Zeit bilden die Zuhörer Erwartungen darüber, welcher Sprecher welche Grammatik nutzt. Selbst nach mehreren Monaten konnten sie diese Erwartungen noch abrufen. Auch auf neuronaler Ebene konnte ich Effekte zeigen, die speziell bei einzelnen Sprechern auftreten. Das Gehirn reagiert dann, wenn eine Person einen für sie untypischen Satz spricht. Solche sogenannten sprecher-spezifischen Informationen können auch genutzt werden, um direkt die Sprachverarbeitung zu erleichtern. Meine Ergebnisse zeigen, dass das allerdings erst auf einer späteren Stufe der Sprachverarbeitung passiert. Ich habe letztlich ein Modell der sprecher-spezifischen Sprachverarbeitung entwickelt. Das beschreibt, wie das Gehirn zwischen verschiedenen Sprechern unterscheidet, und diese Information dann in der Sprachverarbeitung nutzt. Damit lässt sich zum Beispiel erklären, warum es anstrengender ist einem neuen, unbekannten Sprecher zuzuhören als einem altbekannten,

Was ist Ihre Motivation, sich genau mit dem Thema zu beschäftigen?

Ich finde es faszinierend, dass nur wenige Sätze ausreichen, damit wir eine generelle Erwartung bezüglich der Sprache eines anderen bilden. Und das, obwohl auch allgemeine Prinzipien der Sprachverarbeitung beibehalten werden. Sprache lässt sich damit hocheffizient verarbeiten, sowohl im Einzel- als auch Regelfall. 

Die preisgekrönte Dissertation ist in der Tasche. Was kommt als nächstes?

Ich habe bereits eine PostDoc-Stelle an der Universität Regensburg angetreten. Dort untersuche ich, wie Menschen sich in sozialer Interaktion verhalten und wie dabei soziales Lernen entsteht. Mich interessieren die Mechanismen, die dabei im Verhalten aber auch auf neuronaler Ebene ablaufen. Als neue Methode nutze ich dabei die Virtuelle Realität, sodass ich natürliche und kontrollierte Experimente durchführen kann.

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