Otto-Hahn-Medaille für Katharina Menn & Malte Brammerloh

25. Juni 2025

Bei der Jahresversammlung der MPG am 25. Juni 2025 wurde die Otto-Hahn-Medaille 28 mal vergeben, für herausragende wissenschaftliche Leistungen, die im Zusammenhang mit der Doktorarbeit erbracht wurden. In diesem Jahr erhielten Katharina Menn aus der Abteilung Neuropsychologie und Malte Brammerloh aus der Abteilung Neurophysik vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) zwei der begehrten Auszeichnungen. Hier beantworten sie im Kurzinterview drei Fragen zu ihrer Forschung.
 

Ihre Dissertation wurde gerade mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet. Was macht Ihre Arbeit so besonders?

Katharina Menn:

In meiner Dissertation habe ich untersucht, wie sich Sprache und Gehirn im frühen Kindesalter gegenseitig beeinflussen. Das Faszinierende daran ist: In den ersten Lebensjahren entwickelt sich das kindliche Gehirn noch sehr stark und parallel dazu erwerben Kinder ihre Muttersprache.

Ich konnte zeigen, dass der frühkindliche Spracherwerb durch die Gehirnentwicklung geformt wird. Was das Kind lernt, hängt davon ab, was das Gehirn in diesem Moment besonders gut verarbeiten kann. Besonders spannend war zudem, dass sich auch Eltern in ihren Sprachäußerungen an den Entwicklungsstand des kindlichen Gehirns anpassen: Sie sprechen so, dass das kindliche Gehirn die elterliche Sprache optimal verarbeiten kann.

Diese enge Abstimmung zwischen Hirnreifung, Spracherwerb und elterlicher Interaktion haben wir mithilfe von EEG-Daten und natürlichen Sprachumgebungen untersucht. Die Arbeit trägt damit zu einem besseren Verständnis der neurobiologischen Grundlagen des Spracherwerbs bei und dazu, zu verstehen, warum Sprache so gut „einfach passiert“, obwohl sie eigentlich extrem komplex ist.

Malte Brammerloh:

In meiner Doktorarbeit habe ich untersucht, wie eisenreiche Nervenzellen mithilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) sichtbar gemacht werden können. Diese Zellen sterben bei Parkinson großflächig ab. Wenn man ihren Verlust im lebenden Gehirn erkennen könnte, wäre eine frühere Diagnose möglich.

Meine Arbeit zeichnet sich vor allem durch ihre Interdisziplinarität und ihre mögliche gesellschaftliche Tragweite aus. Für meine Dissertation habe ich ein breites methodisches Spektrum eingesetzt: Ich habe Hochfeld-MRT-Aufnahmen am MPI für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) mit invasiven Eisenmessungen in postmortalem Gewebe verknüpft, unter anderem am Deutschen Elektronensynchrotron. Außerdem nutzte ich neue histologische Methoden und biophysikalische Modellierungen in Zusammenarbeit mit verschiedenen nationalen und internationalen Partnern.

Dieser multidisziplinäre Ansatz verschaffte mir eine einzigartige Perspektive. So entwickelte ich eine MRT-gestützte Einzelzell-Magnetometriemethode, die bei der Erforschung der zellulären Eisenbiologie hilft. Darüber hinaus konnte ich die gängige Interpretation eines Parkinson-Biomarkers in der klinischen Radiologie korrigieren. Nicht zuletzt könnten die Ergebnisse meiner Arbeit die Grundlage für eine frühere Parkinsondiagnose legen – was wiederum neuartige Behandlungsmöglichkeiten eröffnen und Millionen Betroffenen sowie ihren Angehörigen weltweit zugutekommen würde.

Was ist Ihre Motivation, sich genau mit diesem Thema zu beschäftigen?

Katharina Menn:

Mich fasziniert, wie Kinder es schaffen, Sprache zu lernen, ohne dass ihnen jemand bewusst Regeln beibringt. Sprache ist eine der zentralsten menschlichen Fähigkeiten und trotzdem lernen Kinder ihre Muttersprache ganz natürlich, scheinbar allein durch Zuhören und Interagieren.

Dieses scheinbare Paradox – eine hochkomplexe Fähigkeit, die mühelos erworben wird – war für mich der Ausgangspunkt. Ich wollte verstehen, wie das Gehirn diesen Erwerb überhaupt möglich macht. Ich glaube, dass wir das Phänomen menschlicher Sprache besser verstehen können, wenn wir verstehen, wie Kinder Sprache lernen.

Malte Brammerloh:

Ich habe Physik mit Schwerpunkt theoretische Physik studiert, wollte aber unbedingt ein Promotionsthema wählen, dessen Ergebnisse auch praktisch anwendbar sind. Daraus entstand eine spannende Gratwanderung: Einerseits untersuche ich den eisenbasierten MRT-Kontrast im Gehirn auf theoretischer Ebene, andererseits könnte diese Forschung dazu beitragen, Parkinson früher zu diagnostizieren. Besser konnte ich meine beiden Interessen – die Liebe zur Theorie und der Wunsch nach konkretem Nutzen – kaum verbinden.

Die preisgekrönte Dissertation ist in der Tasche. Was kommt als nächstes?

Katharina Menn:

Seit Ende letzten Jahres arbeite ich als Assistant Professor an der Tilburg University in den Niederlanden. Dort forsche ich weiterhin zum Zusammenspiel von Hirn- und Sprachentwicklung, sowohl bei Kindern mit typischem Spracherwerb als auch bei Kindern, denen der Erwerb schwerfällt. Ich bin sehr dankbar, dass ich so früh nach der Promotion die Chance bekommen habe, eine feste Stelle anzutreten, die mir langfristige Perspektiven in der Forschung eröffnet. Und ganz persönlich freue ich mich auf ein weiteres spannendes Kapitel: Im Herbst werde ich selbst Mutter und bin gespannt, den Spracherwerb aus einer ganz neuen Perspektive zu erleben.

Malte Brammerloh:

Derzeit bin ich als Postdoktorand am Universitätsklinikum in Lausanne (Schweiz) tätig. Dort forsche ich weiter daran, die MRT in eine Art „Mikroskop“ zu verwandeln, das zelluläre Informationen im lebenden Menschen liefern kann. Konkret modelliere ich einen zusätzlichen MRT-Kontrast, nämlich die diffusionsgewichtete MRT, welche ergänzende Daten zum Eisenkontrast liefert. Zudem untersuche ich das MRT-Signal bestimmter Stoffwechselmoleküle im Gehirn, um mehr über die räumliche Struktur verschiedener Zellpopulationen zu erfahren. Ich hoffe, dass diese Arbeit zu einer umfassenderen Gewebecharakterisierung beiträgt und letztlich in klinisch relevante Weiterentwicklungen mündet.

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