Von Wahrnehmung, Wörtern und Windeln

Mehr als 1100 Besucherinnen und Besucher tauchten am 22. Juni 2018 zur Langen Nacht der Wissenschaft in die Wunderwelt "Gehirn" ein.

25. Juni 2018

Wie kommt es eigentlich, dass ein Mensch, der unmittelbar nach der Geburt kaum sehen, geschweige denn sprechen kann, fünf Jahre später Geschichten erzählt, Bilder malt und Fahrrad fährt? Warum ist Schmerz nicht gleich Schmerz? Und wie sprachbegabt bin ich eigentlich? Diesen und anderen Fragen gingen mehr als 1100 Besucherinnen und Besucher zur Langen Nacht der Wissenschaft am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) am 22. Juni 2018 nach. Einige Eindrücke einer Nacht im Banne der Wunderwelt Gehirn.

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„Schmerz hat zwei Seiten. Einerseits ist er ein überlebenswichtiges Signal, das uns auf drohende oder tatsächliche Verletzungen hinweist. Andererseits kann Schmerz aber auch, insbesondere in seiner chronischen Form, das Leben enorm beeinträchtigen“, erklärt Falk Eippert in seinen Vortrag zum Thema „Wahrnehmung von Schmerzen“ im prallgefüllten Hörsaal am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig. „Und vor allem: Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Der physikalisch gleiche Schmerz kann sehr unterschiedlich schmerzhaft empfunden werden. Manchmal spüren wir selbst bei starken Verletzungen kaum etwas.“ Eine entscheidende Rolle würden dafür das Rückenmark, die eigene Wahrnehmung und vor allem bisherige Erfahrungen spielen. Eippert will unter anderem herausfinden, wie sich diese möglicherweise beeinflussen lassen.

Wissenschaft in Windeln

Drei Stunden früher und zwei Etagen weiter unten. Ein Raum voller bunter Decken, Spielsachen und aufgeweckter Babys und Kleinkinder. Dazwischen eine durchsichtige Box, in der sich eine goldene Kugel befindet. „Wir wollen mithilfe dieser Box herausfinden, warum Kinder viele Dinge nachahmen, obwohl sie wissen, dass das totaler Quatsch ist“, erklärt Hannah Schleihauf, Doktorandin am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig. „Wir zeigen beispielsweise den Kindern, wie sie aus diesem transparenten Kasten mit einem Stab eine goldene Kugel herausfischen können. Zuvor drücken wir noch einen Knopf und bedienen einen Hebel, die daran außen befestigt sind, aber ganz offensichtlich keine Funktion haben. Auch die Kinder wissen.“ Dennoch befolgen sie ab einem Alter von etwa drei Jahren das vorgeführte Prozedere. Menschenaffen tun das hingegen nicht. Sie lassen alles unnötige weg und konzentrieren sich effizient nur auf die zielführenden Schritte.

Die Wissenschaftler der Forschungsgruppe „Frühe soziale Kognition“ wollen nun herausfinden, warum. Folgen die Kinder dieser Abfolge, weil sie der anderen Person gefallen wollen oder weil sie es als soziale Norm wahrnehmen? Oder macht es ihnen schlichtweg Spaß, Hebel und Knopf zu bedienen, auch wenn das unnötig ist?“ Während der Langen Nacht der Wissenschaften luden die Wissenschaftler des Babylabors Eltern und ihre Kinder ein, dieser und anderen Fragen auf den Grund zu gehen – und möglicherweise auch selbst als Studienteilnehmer zu weiteren Erkenntnissen beizutragen.

Wie sprachbegabt bin ich eigentlich?

Eine neue Sprache zu lernen ist meist gar nicht so leicht. Den einen gelingt es jedoch einfacher, die anderen haben echte Schwierigkeiten dabei, sich neue Wörter zu merken oder neue grammatikalische Regeln zu lernen. Sind manche Menschen einfach sprachbegabt und andere eben nicht? In einem speziellen Sprachtest konnten die Besucher gemeinsam mit den Doktoranden Luise Böttcher, Matteo Scheuringer und Marie Kruse selbst herausfinden, wie sprachbegabt sie sind – und vor allem feststellen: Einer Sprachbegabung liegen mehrere Komponenten zugrunde, die nicht nur die reine Sprache betreffen. Auch Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnis spielen eine entscheidende Rolle, die im Gehirn an ganz anderer Stelle verarbeitet werden. Dabei erfuhren sie auch, wie am MPI CBS gerade erforscht wird, welche Methode eigentlich die bessere ist, um eine neue Sprache zu lernen – sich eher auf die Vokabeln oder die Grammatik der Sprache zu konzentrieren? Die Sprachforscher des MPI CBS arbeiten daran gerade auf Hochtouren und werden bald ihre Ergebnisse dazu.

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