Korrespondenz von Handlungswahrnehmung und Handlungsausführung

Studien zeigten, dass bei der visuellen Wahrnehmung von Handlungen korrespondierende motorische Programme im Beobachter aktiviert werden. Eine solche automatische motorische Aktivierung kann sowohl auf höheren Verarbeitungsebenen (z. B. durch Handlungsziele) als auch auf nachgeordneten Verarbeitungsebenen erfolgen (z. B. durch den spezifischen Effektor, der mit der Handlungsausführung verbunden ist). Vom funktionellen Standpunkt wird die motorische Aktivierung bei der Handlungswahrnehmung der mentalen Simulation von beobachteter Handlung zugeschrieben. Ein möglicher Nutzen eines solchen Simulationsprozesses liegt in der Vorhersage der nächsten Handlungsschritte anderer Personen (z. B. Graf, Reitzner, Corves, Casile, Giese, & Prinz, 2007). Diese Vorhersage erlaubt es, eigene Handlungen an eine sich kontinuierlich verändernde Umwelt anzupassen.

Diese Forschungsgruppe beschäftigte sich mit den funktionalen Beziehungen zwischen Handlungswahrnehmung und Handlungssimulation. Die Mitarbeiter befassten sich mit Forschungsfragen bezüglich des zeitlichen Verlaufs der Handlungssimulation. Dazu wurde ein Paradigma verwendet, in dem die Probanden alltägliche Handlungen beobachteten, die teilweise visuell verdeckt wurden. Im Fokus der Untersuchung stand die Interaktion zwischen Wahrnehmungsmechanismen (d.h., Repräsentation der Handlung vor und nach einer Verdeckung) und Simulationsmechanismen (Repräsentation der Handlung während einer Verdeckung). Wie und mittels welcher kognitiven Prozesse können wir die Beziehung zwischen Handlungswahrnehmung und Handlungssimulation erklären (z.B. die Vorhersage einer Handlung nach der Verdeckung)? Beruhen prädiktive Simulationsprozesse lediglich auf bereits ablaufenden Prozessen oder initiieren sie neue Prozesse der Handlungsrepräsentation? Beruhen sie auf bereits bestehenden Handlungsrepräsentationen oder werden diese Repräsentationen erneuert? Die Forschungsstrategie beinhaltete:

  • Dual-Task Paradigmen, um zu untersuchen ob und in welchem Ausmaß das Simulationsmuster (a) durch eigene motorische Handlungsausführung des Beobachters oder (b) durch semantisches Handlungswissen moduliert werden kann (siehe Projekt von Springer et al.; Tausche et al.);
  • funktionelle Bildgebung, um perzeptuelle und motorische Aspekte bei der Handlungsvorhersage voneinander abzugrenzen (siehe Projekt von Stadler et al.);
  • Paradigmen zu Werkzeughandlungen, um Priming-Effekte auf ein beobachtetes Ziel, die Bewegung an sich und den Ziel-Bewegungsabgleich bei der Werkzeughandlung zu dissoziieren (siehe Projekt von Massen et al.).

 

Zur Redakteursansicht