Wissenschaftspreis 2007 der DGfMM für Dr. Marc Bangert
Der Wissenschaftspreis der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin (DGfMM) geht in diesem Jahr an Dr. rer. nat. Marc Bangert vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Leipzig.
Der Wissenschaftler wird für seine Arbeit “Specialization of the Specialized in Features of External Human Brain Morphology" (Bangert und Schlaug, European Journal of Neuroscience, 24 (2006)) ausgezeichnet. Der Preis ist mit 2000.- Euro dotiert und wird im Rahmen des 8. Symposiums der DGfMM vom 5.-6. Oktober 2007 an der Hochschule für Musik Detmold verliehen werden.
Bangert und Schlaug untersuchten in ihrer Arbeit, ob es spezialisierte Anpassungen der motorischen Hirnregionen an die besonderen Anforderungen verschiedener Musikinstrumente gibt. Dabei gelang es den Autoren, mithilfe bildgebender Verfahren bemerkenswerte neuroanatomische Unterschiede im "Formfaktor" der primären handmotorischen Großhirnrinde bei Musikern und Nichtmusikern nachzuweisen. So konnten sie zeigen, dass sich das jahrlange Üben an einem Instrument und die sich daraus ergebende Asymmetrie der "musikalisch wichtigeren" Hand in der Form der untersuchten Großhirnwindung widerspiegeln.
Bei Nichtmusikern ist das so genannte "Omega-Zeichen", eine dem motorischen Hand-Areal zugeordnete Windung des Stirnlappens, ungefähr symmetrisch für beide Hände ausgeprägt.
Dagegen findet man bei professionellen Musikern nicht nur eine insgesamt stärkere Ausprägung der typischen Form dieser Windung, sondern eine Überrepräsentation deutlich oder gar exzeptionell ausgeprägter Omega-Zeichen – für die rechte Hand bei Pianisten und für die linke Hand bei Streichern – entsprechend der beim Üben feinmotorisch dominierenden Hand.
Bangert sieht den Beitrag seiner Studie für die neurowissenschaftliche Forschung in einer Reihe von Aspekten: "In den vergangenen Jahren ging der Trend in der Hirnmorphometrie hin zum Einsatz zunehmend komplexer Computerverfahren zur Bestimmung voxelbasierter Differenzen örtlich abgegrenzter Dichtemaße grauer Substanz. Viele dieser mathematischen Verfahren haben Wissenschaftler z.T davon abgehalten zu bemerken, dass manche anatomischen Unterschiede im wahrsten Sinne des Wortes schlicht augenfällig sind." Darüber hinaus, so Bangert, ist dies der erste Forschungsbericht, der zeigt, dass Neuroplastizität im Verlauf intensiven Bewegungstrainings nicht nur die Anzahl, Dichte oder Myelinisierung von Gehirnzellverbünden beeinflusst, sondern buchstäblich die Windungen des Großhirns zu "verformen" imstande ist.
Der Forscher hofft, dass die Implikationen seiner Ergebnisse für das tiefere Verständnis des Bewegungstrainings, des Entstehens von Fehlfunktionen des Bewegungsapparats und der Wirkung therapeutischer Interventionen Gegenstand weiterer intensiver Forschung werden. Im Moment wendet er sich am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften der Frage zu, inwieweit sich die kortikalen Areale, die bei der Perzeption von Sprachprosodie einerseits und von gesungenen Melodien andererseits aktiv sind, funktionell-anatomisch noch feiner differenzieren lassen.