Drei Fragen an...

...Philipp Kanske, Gewinner des Heinz Maier-Leibnitz-Preises.

3. Mai 2017

Dank seiner Forschung wissen wir: Menschen, die Schwierigkeiten haben, ihre eigenen Emotionen zu regulieren, sind besonders anfällig dafür, psychische Störungen zu entwickeln. Das zeigt sich bereits frühzeitig im Gehirn - noch bevor Veränderungen im Verhalten wahrnehmbar sind. Präventives Training könnte verhindern, dass die Störung tatsächlich ausbricht. Heute fand in Berlin unter Anwesenheit der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Johanna Wanka, die feierliche Preisverleihung statt.

Herr Kanske, Sie wurden gerade mit dem wichtigsten Preis für Nachwuchswissenschaftler in Deutschland ausgezeichnet. Was macht Ihre Arbeit so herausragend?

Ich beschäftige mich in meiner Forschung mit Emotionen. Was sind Emotionen, wie beeinflussen sie unser Denken und wie können wir sie regulieren? Emotionen sind so zentral für das menschliche Erleben und Verhalten, dass wir psychische Störungen nur dann besser behandeln können, wenn wir verstehen, wie Emotionen hier verändert sind. Meine Forschung hat gezeigt, dass wir zusätzlich zu dem, was ein Mensch subjektiv erlebt und wie er sich verhält, auch die Ebene des Gehirns untersuchen müssen. Denn hier zeigen sich Veränderungen oft schon bevor wir selbst oder Andere sie im Verhalten wahrnehmen können, das heißt, bevor eine psychische Störung ausgebrochen ist.

Wir konnten in mehreren Studien zeigen, dass Menschen mit Bipolarer Störung (ugspr. auch als manisch-depressive Erkrankung bekannt, Anm. d. Red.) Emotionen weniger gut regulieren können, weil sie es nicht schaffen, die Aktivierung der Amygdala bei starken Emotionen zu senken. Interessanterweise haben gesunde Menschen, die genetisch ein erhöhtes Risiko für eine Bipolare Störung in sich tragen, das gleiche Emotions- und Amygdala-Regulationsproblem. Die Ergebnisse könnten bedeuten, dass wir mit frühzeitiger Intervention, also einem Training für die Regulation von Emotionen, eine Chance haben, den Ausbruch einer Bipolaren Störung zu verhindern.

Wie sind Sie zu Ihrem Forschungsfeld, den Emotionen, gekommen?

Irgendwie haben mich Emotionen schon immer fasziniert, genau wie die Komplexität des Gehirns. Spätestens nach meinem ersten Praktikum hier am MPI CBS und meinem Masterstudium bei einem inspirierenden Neurowissenschaftler in Oregon, Michael Posner, war für mich klar, dass ich über das emotionale Gehirn nicht nur lesen, sondern es auch selbst erforschen möchte. Ich hatte großartige Lehrer, die mir das ermöglicht haben - Sonja Kotz, Angela Friederici, Michèle Wessa, Herta Flor, Tania Singer. Und weil ich als Psychotherapeut auch immer wieder auf die Probleme gestoßen bin, die Menschen mit ihren Emotionen haben, motiviert mich letztendlich die Frage, wie sich Emotionen durch Training verändern lassen, also ihre Plastizität.

Diese wichtige Auszeichnung in der Tasche, wie geht’s weiter bei Ihnen?

Ich möchte dazu beitragen, den Einfluss von Emotionen auf unsere manchmal schwierigen Interaktionen mit anderen Menschen noch besser zu verstehen. Warum? Weil uns dadurch genau die Problembereiche aufgezeigt werden, auf die Psychotherapie  fokussieren muss. Ich konnte in den letzten fünf Jahren am ReSource-Projekt am MPI CBS mitarbeiten, einer Trainingsstudie, die ganz zielgerichtet Meditationstechniken einsetzt um u. a. den Umgang mit Emotionen zu verbessern und die damit einen Grundstein für bessere Psychotherapie in der Zukunft gelegt hat.

Außerdem möchte ich erforschen, wo die Ursachen für die Probleme im Umgang mit Emotionen liegen. Welche Rolle spielen hier insbesondere traumatische Erfahrungen, die viele Menschen etwa durch Krieg und Flucht machen. Wenn wir besser verstehen, was die Menschen schützt, die trotz traumatischer Erlebnisse gesund bleiben, können wir in Zukunft vielleicht auch denen besser helfen, die ein besonderes Risiko für psychische Störungen in sich tragen.

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