Neue Sicht auf Parkinson-Erkrankung

Forscher erhalten hohe Förderung der internationalen Parkinson’s Disease Foundation

30. Juli 2013

Karsten Müller und Matthias Schroeter, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und der Tagesklinik für kognitive Neurologie, werden für ein neues Forschungsprojekt durch die Parkinson’s Disease Foundation (PDF) gefördert. Die Stiftung widmet sich der Erforschung und Bekämpfung der weltweit verbreiteten Krankheit und unterstreicht mit der Förderung die innovativen Potentiale des Projekts. Das in Kooperation mit Robert Jech von der Klinik für Neurologie der Karls-Universität Prag durchzuführende Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur grundlegenden Erforschung der Krankheit und zur Entwicklung effizienter Behandlungsmöglichkeiten.

1817 erstmals von James Parkinson beschrieben, ist die Parkinson-Krankheit seither als neurologische Erkrankung mit fortschreitender Entwicklung bekannt. Klassische Symptome sind Muskelstarre, verlangsamte Bewegungen, Muskelzittern und Haltungsinstabilität. Von Zeit zu Zeit richtet sich die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Krankheit, wenn betroffene Prominente ihre Geschichte erzählen. Die Parkinson-Stiftung geht von rund 1Mio. Betroffenen weltweit aus.

Von den verschiedenen neuropsychiatrischen Erkrankungen gilt die Parkinson-Krankheit als mit am besten erforscht. Die Krankheitsmechanismen sind zum großen Teil bekannt; es gibt Modelle und wirksame Therapieverfahren. Allerdings wird mit diesen Therapieverfahren nur die Symptomatik und nicht die Krankheitsentstehung selbst behandelt, d.h. es gibt keine kausalen Therapien. Am häufigsten wird den Symptomen mit der Gabe von Dopamin entgegengewirkt um den durch die Krankheit verursachten Mangel an diesem Botenstoff im Gehirn auszugleichen. Leider versagen diese Behandlungsverfahren häufig nach einer gewissen Zeit, was alternative Behandlungsoptionen erforderlich macht.

„In Anbetracht des Versagens dopaminerger Ansätze in der Langzeitbehandlung bestand ein starkes Bedürfnis nach therapeutischen Alternativen, wie der Tiefenhirnstimulation,“ erklären Müller und Schroeter. „Die Voraussetzung für die Entwicklung dieser Therapieform war zunächst ein besseres Verständnis der Wechselwirkung verschiedener von der Parkinson-Krankheit betroffener Gehirnregionen. Hinzu kamen die neuen Möglichkeiten der Mikroelektronik mit dem Verfahren der chronischen Hochfrequenzstimulation.“
Seit 1995 ist dieses Verfahren in Deutschland zugelassen. Bei der Therapie werden mittels eines implantierten Impulsgenerators beim Patienten verschiedene Regionen im Gehirn stimuliert ohne sie zu zerstören. Dabei kann die Stimulation immer wieder an die Wirkung angepasst werden. Ein speziell für die Patienten problematischer Aspekt sind die hohen Kosten, die diese Therapieform verursachen.

Während frühere Konzepte neuropsychiatrische Erkrankungen als Erkrankungen bestimmter Hirnregionen sahen, werden sie in neueren Ansätzen als „Nexopathien“ beschrieben, die durch Veränderungen in den Verbindungen zwischen Hirnregionen („Konnektivität“) charakterisiert sind. Hier setzt das Projekt von Müller und Schroeter an: „Unser Projekt zielt auf eine Untersuchung der Konnektivitätsänderungen durch dopaminerge Therapie sowie durch die Tiefenhirnstimulation ab. Im besten Falle werden wir aus den Hirndaten vor der Behandlung vorhersagen können ob das Therapieverfahren der Tiefenhirnstimulation bei einem speziellen Patienten erfolgversprechend sein wird. Dies hilft dann bei der Entscheidung über die Anwendung der Therapie und vermeidet die belastende und kostenintensive Behandlung, wenn keine Erfolgsaussichten gegeben sind.“

Das Innovative an dieser Herangehensweise, sicher auch aus Sicht der Förderer, liegt in der Sicht der Parkinson-Krankheit als Veränderung der Verbindung zwischen Hirnregionen und der individuellen Vorhersage des Therapieerfolges. Dies ist eine Voraussetzung für einen sogenannten personalisierten medizinischen Ansatz. Müller und Schroeter finden die Forschung in diesem Bereich extrem spannend, da eine hohe Relevanz für die Patienten im Falle eines Erfolges gegeben ist. Dennoch geben beide zu bedenken: „Forschung ist immer ein offenes Unterfangen. Ein Hauptrisiko besteht darin, dass nicht vorhersehbare Einflussfaktoren eine Vorhersage des Therapieerfolgs erschweren. Um unsere Forschung betreiben zu können und langfristig verbesserte Therapieverfahren zu entwickeln, sind wir immer auf die geduldige Mitarbeit der Patienten und Ärzte angewiesen.“

Trotz dieser Bedenken: Das geförderte Projekt verbindet Grundlagenforschung und therapeutische Forschung miteinander. Die Sicht auf die Parkinson-Krankheit als Veränderung der Verbindung zwischen Hirnregionen verändert die Auffassung von Gehirnfunktionen an sich und gibt der Erforschung des menschlichen Gehirns grundlegend neue Impulse. Die Entwicklung der Möglichkeit einer individuellen Vorhersage des Therapieerfolges leistet einen großen Beitrag zur konkreten therapeutischen Be-handlung und bringt den Patienten einen unmittelbaren Nutzen.

Mehr Informationen zur Parkinson’s Disease Foundation:
http://www.pdf.org/en/media_pr/release/pr_1347460319

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