Langzeitstudie zur Sprachentwicklung bei Kindern
In einer Großstudie mit Leipziger Kindern möchten Forscher des Max-Planck-Instituts (MPI) für Kognitions- und Neurowissenschaften herausfinden, wie Gehirn- und Sprachentwicklung zusammenhängen.
Wie lernen Kinder sprechen – und was passiert dabei im Gehirn? Mit diesen Fragen beschäftigen sich MPI-Direktorin Angela D. Friederici und ihre Mitarbeiter seit vielen Jahren. Nun starten die Sprachforscher ein großangelegtes Forschungsprojekt, bei dem sie auf die Mitwirkung von Leipziger Familien hoffen.
Ab Anfang des Jahres 2012 wollen die Mitglieder einer eigens gegründeten Forschungsgruppe fünf Jahre lang die sprachliche Entwicklung von 240 Leipziger Kindern wissenschaftlich begleiten. Zurzeit verschicken die Forscher zusammen mit den Leipziger Kindergärten Briefe, um Kinder und Eltern für die Studie zu interessieren. Ein Teil der Studie wird sich zweijährigen Kindern widmen, ein weiterer Teil beginnt parallel mit Kindern im Alter von fünf Jahren. Die geplanten Untersuchungen zählen zur Grundlagenforschung, sollen aber auch Basiswissen schaffen für die Diagnose und Behandlung von entwicklungsbedingten Sprachstörungen, betont Friederici.
„Wir möchten herausfinden, wo genau im Gehirn eines heranwachsenden Kindes die nötigen Veränderungen stattfinden, um komplexere Satzstrukturen zu verarbeiten,“ sagt Jens Brauer, der die Entwicklungsstudie leiten wird. Diese Fähigkeiten erlangen Kinder erst nach und nach, beschreibt der Forscher. So bevorzuge ein dreijähriges Kind noch einfache Satzstellungen nach dem Muster Subjekt-Prädikat-Objekt, wie Der Hund sieht den Vogel. Wenn es stattdessen Sätze hört wie Den Vogel sieht der Hund sei es meist noch nicht in der Lage, zu bestimmen, wer nun wen sieht.
Der Wissenschaftler und sein Team aus sieben Nachwuchsforschern suchen derzeit nach Eltern, die bereit sind, einige Male im Jahr mit ihrem Kind zu wissenschaftlichen Sprachtests ins Institut in der Stephanstraße zu kommen. Teil der Studie wird sein, mit den Kindern Spiele in einer natürlichen Umgebung zu spielen, aus denen Rückschlüsse auf die sprachliche Entwicklung gezogen werden sollen. Um herauszufinden, welche Veränderungen sich in dieser Zeit im Gehirn vollziehen, werden zudem moderne wissenschaftliche Methoden, wie die Elektroenzephalografie (EEG) und die Magnetresonanztomografie (MRT), eingesetzt.
„Bevor die Kinder im Tomografen untersucht werden, üben wir den Ablauf zusammen an einem Spiel-MRT-Gerät, von uns auch das Raumschiff genannt“, sagt Brauer. Zunächst führt dabei die Puppe Emma dem Kind das Experiment vor. Emma schaut dann zum Beispiel mit einer Brille und Kopfhörern einen Film oder spielt ein Sprachspiel. „Wenn die Kinder Lust haben, können sie danach selbst Emmas Experiment durchspielen“, erklärt der Sprachforscher. Erst nach diesem Probelauf geht es zur richtigen Untersuchung. Die Eltern können während der gesamten Zeit die Experimente begleiten.
Die Forscher möchten Wissenschaft für die Eltern transparent machen und die Ergebnisse der Langzeitstudie mit den Familien teilen. Deshalb sollen die teilnehmenden Eltern in regelmäßigen Abständen zu Informationsveranstaltungen, verbunden mit einem kleinen Familienfest, eingeladen werden. Für die Teilnahme an der Studie erhalten die Familien eine Aufwandsentschädigung.
Wenn Sie und Ihr Kind Interesse haben, an dieser Forschung mitzuwirken, freuen wir uns, von Ihnen zu hören. Ihre Ansprechpartnerin am MPI, Frau Katja Kirsche, berät Sie gerne telefonisch oder per E-Mail.
Das Wichtigste in Kürze:
Thema: Sprachverständnis
Probandenzahl: 240, je 120 zweijährige und 120 fünfjährige Kinder
Studienbeginn: 2012
Studienende: 2016